Positionen
Die auf den drei Leitanträgen an den Bundesseniorenkongress basierenden Positionspapiere der dbb bundesseniorenvertretung zu den wesentlichen Politikbereichen Gesundheit und Pflege, Alterssicherung sowie Teilhabe im Alter finden Sie auf diesen Seiten.
Alterssicherung
Die Alterssicherungssysteme in Deutschland sind und bleiben mit den Herausforderungen des demografischen Wandels konfrontiert. Die Zahl derer, die aus ihrem Erwerbseinkommen den überwiegenden Anteil zu den Beitrags- und Steuereinnahmen leisten, verringert sich, während die Zahl der potenziellen Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger steigt. Viele Veränderungen und Weiterentwicklungen sind bereits durchgeführt und mit schmerzhaften Einschnitten sowie einer deutlichen Absenkung des Alterssicherungsniveaus insgesamt verbunden.
So unterliegt die Beamtenversorgung - meist im Nachvollzug gesetzlicher Maßnahmen in der Rente - seit Jahrzehnten Reformen, die Sparvorgaben dienen und das Leistungsniveau absenken. Gleichzeitig beinhalten einzelne Reformmaßnahmen aber auch notwendige und nachhaltige Weiterentwicklungen im Hinblick auf die demografischen Herausforderungen und die damit einhergehenden Verengungen der finanziellen Rahmenbedingungen der öffentlichen Hände. Aus der Erkenntnis, dass im Hinblick auf die langfristige Sicherheit und Finanzierbarkeit der Alterssicherung grundlegende Weichenstellungen erforderlich sind, bestärkt die dbb bundesseniorenvertretung die Gesetzgeber in Bund und Ländern, Versorgungskosten über Versorgungsrücklagen und -fonds zusätzlich und nachhaltig abzusichern und gegen zweckfremde Zugriffe zu schützen. Umso mehr, als eine konsequente Rücklagenbildung für die später anfallenden und vorhersehbaren Versorgungsausgaben in den zurückliegenden Jahrzehnten weitgehend unterblieben ist.
Die Rentenreformmaßnahmen der vergangenen Jahre dienten im Wesentlichen der Definition und Sicherung bestimmter Beitragssatzziele, um die Belastungen der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in den kommenden Jahrzehnten in einem bestimmten Rahmen zu halten. Dabei ist das Sicherungsziel der gesetzlichen Rentenversicherung reduziert worden. Die langjährigen Niveauabsenkungen in der Rente und der Beamtenversorgung führen zu deutlich geringeren Alterssicherungsleistungen gegenüber dem damaligen Status Quo.
Die dbb bundesseniorenvertretung stellt sich diesen Herausforderungen. Sie wird aktiv ihre Kompetenz und Erfahrung einbringen und darauf achten, dass Überforderungen oder Benachteiligungen einzelner Gruppen vermieden werden.
Bei künftigen Reformüberlegungen im Bereich der eigenständigen auf dem Alimentations- und dem Lebenszeitprinzip basierenden Beamtenversorgung stehen für die dbb bundesseniorenvertretung folgende Maßnahmen im Vordergrund:
- Weitere Einschnitte in das System der Beamtenversorgung sind auf Grund der Sparmaßnahmen der letzten Jahre nicht angezeigt. Besondere finanzielle Herausforderungen einzelner Bundesländer sind ein gesamtgesellschaftlich zu lösendes Problem und dürfen nicht auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten beziehungsweise der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger des öffentlichen Dienstes ausgetragen werden.
- Die durch die Föderalismusreform im öffentlichen Dienstrecht bewirkten Verwerfungen bei der Struktur und Höhe des beamtenrechtlichen Ruhegehalts müssen im Sinne einer gebotenen Grundeinheitlichkeit dringend begrenzt werden. Das gilt sowohl für die wesentlichen Berechnungsgrundlagen als auch für die zugrundeliegende Höhe der Bezüge. Erhebliche Abweichungen auf der Leistungsseite sind nicht hinnehmbar.
- Angesichts der seit langem bekannten laufenden und zukünftigen Kosten der Beamtenversorgung ist das Finanzierungsmodell der Versorgungsrücklagen und Versorgungsfonds für eine generationengerechte, zumindest teilweise Kapitaldeckung zukünftiger Ausgaben beizubehalten und auszubauen.
In der gesetzlichen Rentenversicherung sind für die dbb bundesseniorenvertretung folgende Maßnahmen vorrangig:
- Die Beschäftigten sowie Rentnerinnen und Rentner sind angemessen an der wirtschaftlichen Entwicklung zu beteiligen, auch um sicherzustellen, dass die lohn- und beitragsorientierten Renten ein auskömmliches Niveau erreichen.
- In der gesetzlichen Rentenversicherung muss ein Rentenniveau gewahrt bleiben, das - zumindest im Zusammenspiel mit einer kapitalgedeckten Zusatzvorsorge - eine Lebensstandardsicherung im Alter gewährleistet. Für weitere Niveauabsenkungen ist insoweit kein Raum. Fortgesetzte Verringerungen der Ansprüche würden zudem das System an sich in Frage stellen, wenn den geleisteten Beiträgen keine adäquaten Leistungen mehr gegenüberstehen.
- Es ist sicherzustellen, dass auch Geringverdienende mit langjähriger Erwerbsbiografie Rentenansprüche oberhalb des Grundsicherungsniveaus erwerben.
- Erwerbsminderungsrenten müssen weiter gestärkt werden, um auch in diesem Bereich Altersarmut gezielt entgegenzuwirken. Daher muss bei Erwerbsminderungsrenten der Rentenabschlag von maximal 10,8 Prozent abgeschafft werden.
- Die Möglichkeiten eines flexiblen Renteneintritts unterhalb und oberhalb der Regelaltersgrenze müssen noch attraktiver ausgestaltet werden.
- Der zusätzlichen Altersvorsorge wird künftig ein größerer Stellenwert zukommen. Insoweit ist insbesondere die betriebliche Altersversorgung weiter auszubauen. Dabei ist die Sicherung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von besonderem Belang.
- Auch die Bedeutung der privaten Altersvorsorge wird wachsen. Für solche kapitalgedeckten Modelle ist auf eine dem Zweck der Alterssicherung dienende Anlagestrategie und optimierte Absicherung der Kapitalmittel zu achten.
- Im Zusammenhang mit der wegen der demografischen Entwicklung veranlassten Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre müssen deren Konsequenzen auf den Einzelnen sowie die Wirkungen auf den Arbeitsmarkt beachtet werden.
- Damit die Menschen tatsächlich die Möglichkeit haben, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten, müssen auch im öffentlichen Dienst die Präventionsmaßnahmen sowie die Anstrengungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz deutlich intensiviert werden, so z. B. durch speziell gestaltete Arbeitsplätze. Daneben sind Sonderregelungen für besonders belastete Personengruppen vorzusehen.
- Eine Versicherungspflicht von Beamtinnen und Beamten in der gesetzlichen Rentenversicherung (sog. Erwerbstätigenversicherung) wäre kein Beitrag zur nachhaltigen Sicherung dieses Systems. Kurzfristig erzielbaren Beitragsmehreinnahmen stünden später hohe Mehrausgaben wegen entsprechender Rentenansprüche gegenüber, die langfristig negativ wirken würden. Zudem würden die Anstrengungen zur Kapitaldeckung und damit zur generationengerechten Finanzierung der Beamtenversorgung zunichtegemacht.
Die Zusatzversorgung ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes wegen der Absenkungen in der gesetzlichen Rentenversicherung von hoher Bedeutung. Deshalb ist es wichtig, die Betriebsrente dauerhaft auf dem bisherigen Niveau zu sichern und eine stärkere Belastung der Tarifbeschäftigten durch eine Finanzierung der Zusatzversorgung zu verhindern. Zudem sind die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung insbesondere auch für den öffentlichen Dienst auf nationaler und europäischer Ebene zu verbessern.
Die volle Gleichstellung von Erziehungszeiten für vor 1992 geborenen Kindern in der gesetzlichen Rentenversicherung steht noch aus. Die dbb bundesseniorenvertretung fordert die vollständige Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aus Steuermitteln. Die Berücksichtigung von Beitragsjahren für vor 1992 geborene Kinder muss zudem wirkungsgleich auf Beamtinnen und Beamte in Bund und Ländern übertragen werden.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert in der Alterssicherungspolitik:
- das eigenständige System der Beamtenversorgung als bewährtes Instrument der verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Alimentation zu stärken;
- einseitige und ungerechte Sonderbeiträge der Beamtinnen und Beamten und Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger bei der Bewältigung der Haushaltssituation insbesondere der Bundesländer zu vermeiden;
- die Alterseinkommen im gegliederten Alterssicherungssystem zu sichern;
- die betriebliche Altersversorgung auszubauen und die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes auf dem aktuellen Niveau zu sichern;
- hierzu gehört auch, dass die Regelungen zum lediglich hälftigen Beitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Versorgungsbezüge, wie z. B. Betriebsrenten, wiederhergestellt werden;
- die zusätzliche private Vorsorge auf eine solide Grundlage zu stellen. Diese Vorsorge muss Sicherheit und Rentabilität garantieren;
- bei den Renten in den Neuen Bundesländern die besonderen Sicherungslücken aus dem Rentenüberleitungsprozess zu schließen;
- dass sich Kindererziehungs- und Pflegezeiten stärker als bisher versorgungs- und rentenerhöhend auswirken, u. a. durch die Anerkennung von drei Beitragsjahren pro Kind auch für Kinder mit Geburtsdatum vor dem 01.01.1992, in der gesetzlichen Rentenversicherung. In der Beamtenversorgung sind diese Verbesserungen systemkonform nachzuvollziehen.
Gesundheit
Deutschland wandelt sich. Eine immer größer werdende Gruppe Älterer steht einer sinkenden Zahl Erwerbstätiger gegenüber, die Zuwanderung in den letzten Jahren, der medizinischer Fortschritt und gestiegene Preise für Medizinprodukte und Arzneimittel aufgrund der Pandemie und des Krieges haben maßgebliche Auswirkungen auf die Finanzierung des Gesundheitssystems.
Die dbb bundesseniorenvertretung wird sich als größer werdende Gruppe aktiv in enger Zusammenarbeit mit der jungen Generation sowie der Gruppe der Erwerbstätigen an der Bewältigung der Herausforderungen beteiligen, ihre Kompetenz und Erfahrung einbringen und darauf achten, dass Überforderungen oder Benachteiligungen einzelner Gruppen vermieden werden.
In der Krankenversicherung wollen wir daran mitwirken, dass eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Bevölkerung, unabhängig von der finanziellen Situation und dem Versicherungsstatus des Einzelnen sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum gesichert wird. Dafür muss die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung dynamisch an die demografischen und gesellschaftlichen Herausforderungen angepasst und zukunftsfest weiterentwickelt werden. Beitragserhöhungen können hierfür nicht das alleinige Mittel sein.
Die dbb bundesseniorenvertretung bekennt sich zum dualen System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Die generelle Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten in das System der gesetzlichen Krankenversicherung (die sogenannte „Bürgerversicherung“) lehnt die dbb bundesseniorenvertretung entschieden ab.
Deren Finanzstruktur würde wegen der spezifischen Risiken keine nennenswerte Entlastung erfahren; gleichzeitig wäre damit der Weg in eine Einheitsversicherung vorgezeichnet, der das wegen der Altersrückstellungen zukunftsfeste System der privaten Kranken- und Pflegeversicherung ohne Grund preisgeben würde.
Zur Absicherung des Krankheits- und Pflegerisikos hat sich für Verbeamtete und Versorgungsempfangende das eigenständige Beihilfesystem in Bund und Ländern bewährt. Die prägenden Elemente des Beihilfesystems sind zu erhalten, systemkonform zu verbessern und weiterzuentwickeln. Dabei sind einheitliche Rahmenbedingungen in Bund und Ländern sicherzustellen. Die dbb bundesseniorenvetretung fordert zudem eine zügige Bearbeitung von Beihilfeanträgen sowie eine Vereinfachung des Beihilfeverfahrens beispielsweise durch Direktabrechnung bei stationärer Behandlung.
Um ein Übermaß an stationären Behandlungen - besonders in der Orthopädie - zu verhindern, gilt es, jeweils zwischen Kostenbewusstsein und medizinischer Notwendigkeit angemessen abzuwägen. Darüber hinaus gilt es, Privatisierungstendenzen im Gesundheitswesen Einhalt zu gebieten. Rationierungen im Gesundheitswesen hingegen sind abzulehnen. So teilt sich der Markt für pharmazeutische Produkte immer stärker in standardisierte und in spezialisierte, individuelle Therapieformen auf. Auch vor diesem Hintergrund ist sicherzustellen, dass kein Raum für Altersdiskriminierung bei der medizinischen Versorgung entsteht.
Auch im hohen Alter haben Prävention und Rehabilitation große Bedeutung im Hinblick auf Selbstständigkeit, Autonomie und Teilhabe. Dem muss verstärkt Rechnung getragen werden. Eine Umwidmung der Kostenträgerschaft von der Kranken- hin zur Pflegeversicherung ist nicht nur systematisch angebracht. Auch besteht seitens der Pflegeversicherung ein stärkerer Anreiz zur Leistungsgewährung. Die Inanspruchnahme wird so vereinfacht.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert in der Gesundheitspolitik:
- die Beibehaltung des dualen Krankenversicherungssystems einschließlich der beamtenrechtlichen Beihilferegelungen,
- die Vermeidung von Beitragserhöhungen in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung,
- die Sicherstellung der stationären medizinischen sowie ambulanten ärztlichen Versorgung insbesondere auch in ländlichen Regionen,
- die ausreichende personelle und materielle Ausstattung der Rettungsdienste,
- die Abschaffung von Zuzahlungen, die bislang allein die Versicherten belasten,
- ein erweitertes Angebot von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen in Wohnortnähe.
Pflege
Pflege geht die ganze Gesellschaft an. Die ältere Generation sorgt sich um Qualität und Bezahlbarkeit der Pflege. Auf Grund des akuten Fachkräftemangels arbeiten Beschäftigte in allen Pflegebereichen am Rande der Erschöpfung. Pflegende Angehörige üben sich im Spagat zwischen Pflege und Beruf. Pflegeplätze insbesondere im Bereich der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sind rar. Das ganze System befindet sich personell, finanziell und institutionell am Rande seiner Kapazitäten, während die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis ins Jahr 2050 stetig ansteigen wird.
Die dbb bundesseniorenvertretung setzt sich für die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen pflegerischen Versorgung ein, in der der Mensch das Maß und der Mittelpunkt ist; das gilt für die Pflegebedürftigen ebenso wie für die Pflegenden, seien sie Profis oder Angehörige.
Die Pflegeversicherung muss für den Einzelnen und die Solidargemeinschaft bezahlbar bleiben. Die Finanzierung der Pflege muss an die demografischen Herausforderungen dynamisch angepasst und zukunftsfest weiterentwickelt werden. Hierfür kann nicht die Beitragserhöhung das alleinige Mittel sein.
Der von vielen älteren Menschen gewünschte Verbleib in der häuslichen Umgebung ist häufig nur dank der Pflege durch Angehörige möglich. Dem ist durch eine Stärkung des Prinzips „ambulant vor stationär“ Rechnung zu tragen. Die Wahrnehmung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe findet jedoch keine angemessene Würdigung. Insbesondere sind über die Verbesserungen durch die Pflegereform hinaus weitere Maßnahmen notwendig, um die Vereinbarkeit der Pflege von Angehörigen mit einer Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Hierzu zählen die Bereitstellung von genügend sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Teilzeitarbeitsplätzen, flexible Arbeitszeitmodelle, die Anerkennung der in der Pflegetätigkeit erworbenen Fähigkeiten als berufliche Qualifikation sowie familiengerechte Qualifikationsmaßnahmen. Gerade in Bezug auf Verhinderungs- sowie Tages- und Nachtpflege scheitert die Inanspruchnahme derzeit häufig an nicht ausreichenden Betreuungsplätzen.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert - wie bei der Kinderbetreuung - einen Rechtsanspruch auf einen entsprechenden Pflegeplatz. Sogenannte gemischte Pflegearrangements müssen ausgebaut werden. Zuschüsse für haushaltsnahe Unterstützungsleistungen, wie sie die Bundesregierung plant, würden darüber hinaus die Pflege durch Angehörige erleichtern.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert eine steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung für pflegende Angehörige analog zum Elterngeld. Außerdem sind Pflegezeiten stärker bei Rente und Versorgung zu berücksichtigen und als versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln zu finanzieren.
Hinsichtlich der Vergütungen und Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal fordert die dbb bundesseniorenvertretung eine deutliche Verbesserung. Neben einer Stärkung der Attraktivität der pflegerischen Berufe würde das auch zu mehr Arbeitszufriedenheit und damit zu einem längeren Verbleib im Pflegeberuf führen.
Die Beschäftigten vermissen häufig auch eine der Bedeutung ihrer Tätigkeit angemessene Anerkennung. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf deren Arbeitszufriedenheit, sondern auch auf die Nachwuchsgewinnung aus. Im Hinblick auf den demografischen Wandel und den damit einhergehenden Anstieg des Personalbedarfs müssen die Attraktivität der sozialen Berufe und deren Bild in der Öffentlichkeit dringend verbessert werden.
Auf der anderen Seite tragen Kostensteigerungen durch Tarifabschlüsse, Energie- und Lebenshaltungskosten zu einer massiven Erhöhung der Eigenanteile in der stationären Pflege bei.
Die zeitlich gestaffelten Zuschüsse (beginnend mit 5 Prozent im ersten Jahr, ansteigend auf 70 Prozent Zuschuss ab dem 4. Jahr) sind bei Weitem nicht ausreichend, um die Zusatzbelastungen aufzufangen. Die dbb bundesseniorenvertretung setzt sich für Nachbesserungen ein.
Die Bewertung von Pflegeheimen durch Pflegenoten ist verbesserungsbedürftig. Derzeit ist es möglich, dass eine schlechte Benotung für Betreuung und Pflege oder medizinische Versorgung durch eine gute Note beispielsweise für die Teilnahme des Pflegepersonals an Erste-Hilfe-Kursen oder gar einen gut lesbaren Aushang des Speiseplans ausgeglichen werden kann. Ausschlaggebend für die Qualität eines Pflegeheims ist jedoch die Qualität der Pflege. Daher ist der Gesetzgeber zu einer zeitnahen Korrektur aufgerufen.
Auch in hohem Alter hat Prävention und Rehabilitation große Bedeutung im Hinblick auf Selbständigkeit, Autonomie und Teilhabe. Dem muss verstärkt Rechnung getragen werden. Eine Umwidmung der Kostenträgerschaft diesbezüglich von der Kranken- hin zur Pflegeversicherung ist nicht nur systematisch angebracht. Auch besteht seitens der Pflegeversicherung ein stärkerer Anreiz zur Leistungsgewährung.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert in der Pflegepolitik:
- die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung auch in ländlichen Regionen,
- weitere Maßnahmen, die Vereinbarkeit der Pflege von Angehörigen mit Erwerbstätigkeit zu verbessern,
- einen Rechtsanspruch auf einen Platz für Verhinderungs-, Tages- und/oder Nachtpflege,
- eine steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung für pflegende Angehörige analog zum Elterngeld,
- die bessere Anrechnung von Pflegezeiten bei Rente und Versorgung,
- die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Beschäftigten in pflegerischen Berufen,
- die Neuregelung der Kriterien für die Bewertung von Pflegeheimen,
- weitmögliche Beitragsstabilität, auch durch Zuführung von Bundesmitteln,
- Senkung des von den Rentnerinnen und Rentnern zu entrichtenden Pflegebeitrags auf die Hälfte, entsprechend den Regelungen für Arbeitnehmende,
- Übernahme der geriatrischen Rehabilitation in die Pflegeversicherung,
- bessere Abfederung steigender Eigenanteile in der stationären Pflege,
- Leistungen der Pflegeversicherung stärker zu Budgets zusammenzufassen, um die Inanspruchnahme zu erleichtern und individueller zuschneiden zu können,
- Technisierung und Digitalisierung stärker auch an der Pflegebasis einzusetzen, um Pflegepersonal zu entlasten.
Teilhabe im Alter
Die Schaffung und Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen, die es älteren Menschen ermöglichen, die nachberufliche Lebensphase selbstbestimmt und in sozialer Teilhabe gestalten zu können, ist unerlässlich.
Menschen sind auf die Interaktion mit anderem Menschen angewiesen. Die soziale Teilhabe ist wesentlich für das Wohlbefinden. Das Erleben von Gemeinschaft, der Austausch von Wünschen, Erlebtem, Sorgen ist notwendig für die psychische Gesundheit, die sich letztlich auch auf die körperliche auswirkt.
Für viele Menschen ist die Familie dafür der zentrale Ort. Allerdings erschweren die Familienstrukturen, in denen ältere Menschen heute leben, die Teilhabe häufig. Oft können Angehörige auf Grund beruflicher Bindungen und entfernter Wohnorte nicht in demselben Maße wie in der Vergangenheit für ältere Familienmitglieder sorgen.
Umso wichtiger ist es, einfach zugängliche und auf die Bedürfnisse Älterer abgestimmte Begegnungsstätten zu schaffen. Die Kommunen müssen hier in die Verantwortung genommen werden, da Begegnung nur vor Ort stattfinden kann. Angebote für Kurse zu Ernährung und Beweglichkeit könnten gemeinsam mit den Krankenkassen organisiert werden. Seniorenkaffee, Tanztee, Diskussionsrunden, gemeinsames Musizieren könnten etwa regelmäßig in Gemeindezentren stattfinden. Zur Teilhabe gehört auch, dass für immobile Personen ein Begleit- oder Fahrservice angeboten wird. Informationen und Zugang müssen niedrigschwellig und sowohl digital als auch analog zu Verfügung stehen. Der Bund und die Länder können hier nicht aus der Pflicht genommen werden; Seniorenarbeit auf Kommunalebene muss finanziell unterstützt werden, um den Personal- und Organisationsbedarf zu decken sowie Handlungs- und Kreativitätsspielräume zuzulassen.
Neue Wohnformen, die ein generationenübergreifendes Miteinander ermöglichen, die Gemeinschaftsräume zur Verfügung stellen, medizinische Versorgung einbinden, Einkaufsmöglichkeiten sowie Kultur- und Sportangebote bieten, sollten gefördert werden. Hier gewinnen nicht nur die Älteren, sondern auch die Jüngeren. Zum einen tut Gesellschaft und Kommunikation Menschen in jedem Alter gut, zum anderen erfahren Ältere Unterstützung bei Tätigkeiten, die ihnen aufgrund des Alters schwerfallen und Jüngere bekommen, soweit gewünscht, Familienhelfer und Familienhelferinnen.
Die ältere Generation darf durch die Digitalisierung nicht vom Leben abgehängt werden, daher sind flächendeckende Projekte zum Umgang mit digitaler Technik und Medien dringend geboten. In allen Bereichen müssen analoge Zugänge erhalten werden.
Die zum unabhängigen, eigenverantwortlichen Leben gehörende Partizipation kann auf ganz unterschiedliche Art erfolgen. Viele Ältere engagieren sich in Seniorenbeiräten, freiwilligen Diensten, Bildungs-, Familien- und Sozialpatenschaften sowie mit Freizeitassistenzen für Menschen mit Behinderungen. Das ehrenamtliche Engagement sollte nicht nur angemessen gewürdigt werden; auch die Rahmenbedingungen wie Kostenerstattung, Versicherungsschutz oder Fortbildungsangebote sollten verbessert werden.
Sinnvoll und hilfreich sind ferner die Initiierung und Unterstützung von Netzwerken, wie Freiwilligenzentren, Seniorenbüros oder Selbsthilfekontaktstellen.
Gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention ist die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen ein Menschenrecht und kein Akt der Fürsorge.
Die dbb bundesseniorenvertreung fordert:
- die Berücksichtigung der Empfehlungen der Altersberichte,
- die Förderung sozialer und kultureller Projekte für Ältere,
- die Förderung von Projekten zum Umgang mit digitalen Anwendungen für Ältere,
- die vollständige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention,
- die Verbesserung der Rahmenbedingungen für und Förderung von ehrenamtlichem Engagement und Partizipation.
Wohnen im Alter
Der demografische Wandel, insbesondere die steigende Lebenserwartung, erfordert Anpassungen in der Stadtentwicklung und beim Wohnungsbau. Die Menschen wollen möglichst lange unabhängig und eigenverantwortlich in ihrer häuslichen Umgebung leben.
Notwendig ist generationengerechter, bezahlbarer Wohnraum, der den Alltagsbedürfnissen von Familien mit Kindern ebenso entspricht wie denen von Seniorinnen und Senioren. Bei der Schaffung entsprechenden Wohnraums ist beispielsweise die Barrierefreiheit ab Beginn der Planungsbeginn von Bauvorhaben, sei es ein Neubau, sei es ein Umbau vorhandenen Wohnraums, zu beachten. Auch Förderprogramme für Wohnungsneubau sollten dies berücksichtigen.
Dem Wunsch der Menschen nach längerem Verbleib in der häuslichen Umgebung kann durch wohnungsnahe Dienstleistungsangebote, aber auch technische Assistenzsysteme Rechnung getragen werden. Die Anwendung letzterer muss grundsätzlich freiwillig sein. Bei der Entwicklung der technischen und digitalen Hilfen müssen Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit beachtet werden. Die Nutzung digitaler Systeme, ob zur Unterstützung im Wohnbereich, zur privaten Kommunikation oder für digitale Arztsprechstunden, erfordern flächendeckende, stabile Internetzugänge. Die dbb bundesseniorenvertretung setzt sich dafür ein.
Daneben kann der längere Verbleib in der vertrauten häuslichen Umgebung durch Modelle der Nachbarschaftshilfe oder neue Wohnformen wie beispielsweise das Zusammenleben verschiedener Generationen ermöglicht werden.
Im Rahmen derartiger neuer Wohnformen und Wohnprojekte ist freiwilliges Engagement und Partizipation älterer Menschen nicht nur möglich, sondern geradezu wünschenswert. Andererseits darf das ehrenamtliche Engagement älterer Menschen keine regulären Arbeitsplätze ersetzen und auch nicht notwendig sein, um den Lebensunterhalt zu sichern.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert daher:
- die Schaffung von bezahlbarem, generationengerechtem und barrierefreiem Wohnraum durch Neubau und Umbau von vorhandenem Wohnraum,
- die Entwicklung und Umsetzung alternativer Wohnformen und -projekte,
- die Entwicklung von Quartierwohnformen mit Einbindung ärztlicher, pflegerischer und Bedarfsleistungen,
- wohnungsnahe Dienstleistungsangebote und Begegnungsorte,
- die Entwicklung und Verbreitung nutzerfreundlicher und barrierefreier, technikunterstützter Assistenzsysteme,
- flächendeckendes, stabiles Internet, auch im ländlichen Raum,
- die Förderung und angemessene Würdigung ehrenamtlichen Engagements durch und für Ältere.
Mobilität
Mobilität ist ein Grundbedürfnis - auch der älteren Generation.
Mobilität bedeutet individuelle Freiheit und garantiert gesellschaftliche Teilhabe. Nur wer mobil ist, kann aktiv am Leben teilhaben - alltägliche Besorgungen erledigen, den Kontakt zu Familie und Freunden halten, Arztbesuche vornehmen, in Kultur und Sport aktiv sein, sich durch Reisen erholen oder bilden und sich ehrenamtlich engagieren.
Die Gewährleistung von Mobilität gehört zu den staatlichen Verpflichtungen in der Daseinsvorsorge. Die Förderung des öffentlichen Verkehrs durch Kommunen, Länder und den Bund ist auch aus Gründen des Klimaschutzes notwendig und ohne Alternative.
Die dbb bundesseniorenvertretung fordert:
- Öffentliche Verkehrsmittel müssen erreichbar und bezahlbar sein. Gerade strukturschwache Regionen benötigen eine gute Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
- Der öffentliche Verkehr muss für die Nutzenden da sein. Er muss aus deren Sicht konzipiert sein und deren Bedürfnisse angemessen berücksichtigen.
- Öffentliche Verkehrsmittel müssen barrierefrei zugänglich sein.
- Dazu müssen beispielsweise Bordsteine abgesenkt und Rampen an Zuwegungen eingerichtet werden. Absenkbare Busse werden als ebenso verpflichtend angesehen, wie Fahrstühle an allen Bahnhöfen.
- Zur Barrierefreiheit gehören zudem gut sichtbare (digitale) Hinweisschilder zu den Verkehrsmitteln, Fahrtrichtungen, Ein- und Ausgängen wie selbstverständlich zu den - möglichst kostenfreien - sanitären Einrichtungen. Gut hörbare und verständliche Ansagen auf den Bahnsteigen und an den Haltestellen müssen zum Regelfall werden.
- Die Tarifierung der Tickets hat, insbesondere im öffentlichen Nahverkehr, übersichtlich und nachvollziehbar zu erfolgen. Sinnvoll ist die Entwicklung und Anwendung einer Grundsystematik. Damit einhergehen sollten Tarifkonzepte über Kommunal- und Ländergrenzen hinaus, insbesondere in strukturell stark verwobenen Regionen. Dabei können digitale, einfach bedienbare Anwendungen u. a. in Form von ausreichend frei zugänglichen Terminals oder Apps unterstützend vorgesehen werden.
- Alle Möglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien zur Planung und Bereitstellung öffentlicher Verkehrsmittel, auch ergänzende Lösungen - Rufbusse, Mitfahrgelegenheiten - sind zu nutzen und die Menschen vor Ort damit vertraut zu machen.
- Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel von der Fahrplanauskunft über den Ticketkauf bis hin zur Wegbeschreibung muss auch den Personen möglich sein, die nicht digital unterwegs sind. Analoge Lösungen, wie die Telefonauskunft und Ticketschalter müssen weiterhin zur Verfügung stehen.