Radikalisierungsprävention in Europa
Radikalisierung, die zu gewalttätigem Extremismus und Terrorismus führt, gibt in den EU-Mitgliedstaaten und darüber hinaus großen Anlass zur Sorge. Ziel der Europäischen Kommission ist es, Herausforderungen wie die Verbreitung gewalttätiger extremistischer Ideologien online und offline, die Polarisierung in lokalen Gemeinschaften, den Umgang mit ausländischen terroristischen Kämpfern und ihren Familien, die Radikalisierung in Gefängnissen und die Rehabilitation ehemaliger Straftäter besser zu bewältigen.
Die Kommission sieht Radikalisierung als einen schleichenden und komplexen Prozess, bei dem sich eine Einzelperson oder eine Gruppe eine radikale Ideologie oder Überzeugung zu eigen macht, die Gewalt akzeptiert, einsetzt oder duldet, um ein bestimmtes politisches oder ideologisches Ziel zu erreichen.
Es handelt sich hierbei zwar um kein neues Phänomen, aber die Trends, Mittel und Muster der Radikalisierung entwickeln sich stetig weiter, weshalb die Reaktionen hierauf angepasst werden müssen. Beispielsweise können Internetplattformen, einschließlich sozialer Medien, von gewaltbereiten Extremisten, terroristischen Gruppen und ihren Sympathisanten missbraucht werden, da sie neue Möglichkeiten zur Mobilisierung, Rekrutierung und Kommunikation bieten.
Die von der EU-Kommission entwickelte Terrorismusbekämpfungsagenda 2020 schlägt eine Reihe von Initiativen vor, um die Mitgliedstaaten in Bereichen der Online-Radikalisierung und Radikalisierung in Gefängnissen zu unterstützen und Wiedereingliederungsmaßnahmen zu fördern.
„Mit der Agenda zur Terrorismusbekämpfung stärken wir die Fähigkeit von Experten, neue Bedrohungen zu antizipieren, wir helfen lokalen Gemeinschaften, Radikalisierung zu verhindern, wir geben Städten die Mittel an die Hand, um öffentliche Räume geeignet zu gestalten und wir sorgen dafür, dass wir schnell und effizienter auf Anschläge und Anschlagsversuche reagieren können“, betonte die zuständige Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson.
Die Kommission hat 30 Millionen Euro bereitgestellt, um die Mitgliedstaaten im Kampf gegen Radikalisierung zu unterstützen. Diese Mittel kommen zu den 30 Millionen Euro hinzu, die bereits 2019 zur Verfügung gestellt wurden. „Die Prävention ist nach wie vor von zentraler Bedeutung für die Bemühungen der EU-Mitgliedstaaten, die Menschen sicher und die Gesellschaften widerstandsfähig zu halten. Die EU ist weiterhin fest entschlossen, die Arbeit gegen Radikalisierung zu unterstützen, wie diese Finanzierung zeigt“, so Ylva Johansson.
Unter anderem vereinbarte die Kommission im Rahmen der Radikalisierungsprävention mit Facebook, Microsoft, Twitter und YouTube einen Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet, um Nutzerinnen und Nutzern bei der Meldung von Hassreden auf den sozialen Plattformen zu unterstützen und die Koordinierung mit nationalen Behörden zu verbessern. Die vier Plattformen einigten sich darauf, die Mehrheit der Nutzermeldungen innerhalb von 24 Stunden zu prüfen und dabei auch die EU- und nationale Gesetzgebung zu Hassreden zu berücksichtigen. Außerdem verpflichteten sie sich, die als illegal eingestuften Nachrichten gegebenenfalls zu entfernen. Die vier Unternehmen einigten sich ferner darauf, weiter an der Verbesserung des Feedbacks an die Nutzer zu arbeiten und transparenter zu agieren.
Darüber hinaus unterstützt die Kommission die EU-Mitgliedstaaten bei der Entwicklung ihrer Präventionspolitik, indem sie Möglichkeiten zum Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren schafft sowie die Maßnahmen zur Prävention von Radikalisierung stärkt. Beispielsweise erhalten die Mitgliedstaaten durch das Radicalisation Awareness Network eine praktische Unterstützung in Form von Workshops oder durch Beratungsteams.
Der Umgang mit terroristischen und radikalisierten Straftätern ist sowohl für die EU-Mitgliedstaaten als auch für die Kommission ein zentrales Thema. In den letzten Jahren ist die Zahl der Straftäter, die wegen terrorismusbezogener Straftaten verurteilt wurden, in der gesamten EU gestiegen, ebenso wie die Zahl derjenigen, die wegen anderer Straftaten verurteilt wurden, sich aber im Gefängnis radikalisierten. Die EU-Mitgliedstaaten haben in Folge dessen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, wie die Einrichtungen zur Risikobewertung, spezielle Haftregelungen, Rehabilitations- und Wiedereingliederungsprogramme sowie Schulungen für Gefängnis- und Bewährungspersonal und Konzepte für die Betreuung ehemaliger Straftäter nach der Entlassung. Die Europäische Kommission unterstützt die Arbeit der EU-Länder durch spezielle Finanzierungsprogramme und Netzwerke.
Die Bedrohung durch Radikalisierung ist real, gefährlich und anhaltend. Sie erfordert Einigkeit im Angesicht des Extremismus und Terrorismus, der zu spalten versucht. Außerdem bedarf es einer fortwährenden Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedstaaten, um der Bedrohung zu begegnen.